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Aktuelles

Bauträgerfälle 13b UStG – aktuelle Handhabung in Schleswig-Holstein (2. Teil)

In Fortsetzung unseres Gespräches vom 21.03.16 hat uns das Finanzministerium S-H aktuell wie folgt informiert:

„Nach dem BFH-Beschluss vom 27. Januar 2016, V B 87/15, ist es ernstlich zweifelhaft, ob der in der Person des leistenden Unternehmers § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG entstandene Steueranspruch aufgrund der früheren Verwaltungsauffassung entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG uneinbringlich geworden ist. Der BFH zieht die Möglichkeit in Betracht, dass der leistende Unternehmer die erbrachten Bauleistungen erst dann zu versteuern hat, wenn er den darauf entfallenden Umsatzsteuerbetrag vereinnahmt und die entsprechend der früheren Verwaltungsauffassung angenommene Steuerschuld des Bauträgers entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erst aufgrund einer Zahlung des Steuerbetrags durch den Bauträger an den leistenden Unternehmer entfällt.

Der o.g. BFH-Beschluss wurde nunmehr auf Bund-Länder-Ebene erörtert. Im Rahmen der Umsetzung des dort getroffenen Beschlusses wurden die Finanzämter in Schleswig-Holstein mit gestrigem Datum (19.04.2016) angewiesen, grundsätzlich von Bauträgern unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 22.08.2013, BStBl II 2014 S. 128 beantragte USt-Erstattungen nur noch zu bewilligen, soweit die Bauträger die nachträgliche Zahlung der fraglichen Umsatzsteuer an den leistenden Unternehmer nachweisen oder der Erstattungsanspruch mit der vom leistenden Unternehmer nach § 27 Abs. 19 UStG abgetretenen (zivilrechtlichen) Forderung aufgerechnet werden kann. Im Übrigen ist die Umsatzsteuererstattung abzulehnen.

Hinsichtlich der Bearbeitung der Vorgänge die leistenden Unternehmer betreffend hat sich an den Ihnen mitgeteilten Anweisungen gegenüber den Finanzämtern seit dem 23. März 2016 keine Änderung ergeben (Hervorhebung durch den Verband).“

Dies bedeutet, dass sobald ein Bauträger unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 22.08.2013 die Erstattung der Umsatzsteuer beantragt, das bisherige Verfahren weiter angewendet wird. Der leistende Unternehmer wird durch das Finanzamt wie bisher angeschrieben und über den Antrag des Bauträgers informiert. Der leistende Unternehmer wird in diesem Schreiben auf seine Verpflichtung, eine berichtigte Rechnung auszustellen und die geschuldete Umsatzsteuer anzumelden, hingewiesen. Ferner wird er über die Möglichkeit der Abtretung des gegen den Leistungsempfänger bestehenden zivilrechtlichen Anspruchs an das Land (vertreten durch das zuständige Finanzamt) nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG, die damit einhergehenden Mitwirkungspflichten und die Wirkung der Abtretung an Zahlungs statt informiert.

Wir werden Sie informieren, sobald uns weitere Informationen zum Thema erreichen.

Nachstehend finden Sie der Vollständigkeit halber unsere bisherigen Informationen zu diesem Thema:

Im vergangenen Jahr hatten wir Sie zum Umgang mit Bauträgerfällen durch das Finanzministerium Schleswig-Holstein wie folgt informiert:

„Aufgrund der BFH-Rechtsprechung und der Gesetzesänderungen zu § 13b UStG in 2014 gibt es bisher insbesondere für die Zeit vor der Gesetzesänderung (01.10.2014) im Bereich der Bauleistungen an Bauträger rechtliche Unsicherheiten. Dies betrifft insbesondere die Fragen der rechtssicheren Abwicklung der Abtretung und Verrechnung der Umsatzsteuer des Subunternehmers an das Finanzamt gemäß § 27 Abs. 19 UStG, für den Fall, dass der Bauträger Umsatzsteuer für Bauleistungen vom Finanzamt zurückfordert. Da auch die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 20.07.2015 noch Verständnisfragen offen ließ, haben wir das Gespräch mit dem Finanzministerium Schleswig-Holstein gesucht und konnten in diesen Fragen eine grundlegende Klarstellung erreichen.

Demnach wirkt die angenommene Abtretung grundsätzlich an Zahlungs statt, wenn der leistende Unternehmer schutzwürdig ist und seine Mitwirkungspflichten erfüllt.

Sofern die Verrechnung nicht erfolgreich umgesetzt werden konnte, wird der Anspruch durch die Finanzämter auf zivilrechtlichem Wege gegenüber dem Leistungsempfänger durchgesetzt. Eine mögliche Insolvenz des Leistungsempfängers oder eine zivilrechtliche Verjährung der Ursprungsforderung stehen dem nicht entgegen.

Denkbare Fallkonstellationen, in denen der Leistende dennoch (steuerrechtlich oder zivilrechtlich) in Anspruch genommen werden könnte, ergeben sich lediglich in Fällen eigenen Verschuldens (z.B. Mängelrüge, Schadensersatz): 

  • Sofern eine erfolgreich geltend gemachte Mängelrüge besteht, erfolgt eine Annahme der Abtretung nur in Höhe des geminderten Betrages. Der darüber hinausgehende Betrag wird sodann steuerrechtlich gegenüber dem Leistenden geltend gemacht.
  • Wenn die Forderung zunächst nur einredebehaftet ist, steht es im Ermessen des FA, in welcher Höhe die Abtretungserklärung angenommen wird.
  • Für den Fall, dass der Leistungsempfänger nach erfolgter Abtretung mit begründeten Ansprüchen (z. B. aus Schadensersatz) die Aufrechnung gegenüber dem Finanzamt erklärt bzw. der Aufrechnung des Finanzamts Einwendungen entgegensetzt, die z. B. zu einer Minderung der Forderung führen, bleibt die Abtretung trotzdem wirksam und die originäre Steuerschuld erloschen. Hier kann ggf. ein zivilrechtlicher Anspruch des FA gegenüber dem Leistenden geltend gemacht werden.

Auch bei Zusammenwirken von Leistendem und Leistungsempfänger mit der Absicht, einen Steuerausfall herbeizuführen, kann das Finanzamt eine Zustimmung zur Abtretung an Zahlungs statt ablehnen, da der leistende Unternehmer in diesen Fällen nicht schutzwürdig ist.“

Der BFH hat mit Beschluss vom 17. Dezember 2015 - XI B 84/15 - (BStBl 2016 II S. 192) entschieden, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit von gemäß § 27 Abs. 19 UStG geänderten Umsatzsteuerbescheiden bestehen und Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist. Zur Begründung führt der XI. Senat die ungeklärte und umstrittene Rechtslage an. Ausdrücklich offen gelassen wurde die Frage, ob § 27 Abs. 19 UStG den verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Vorgaben genügt, soweit die Vertrauensschutzregelung nach § 176 Abs. 2 AO suspendiert wird.

Mit Beschluss vom 27. Januar 2016 - V B 87/15 - folgt der V. Senat des BFH dem Beschluss vom 17. Dezember 2015 - XI B 84/15 - a.a.O. des XI. Senats. Darüber hinaus führt er für alle Streitjahre aus, dass es ernstlich zweifelhaft sei, ob der in der Person des leistenden Unternehmers begründete Steueranspruch entsprechend § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG bereits in den Streitjahren uneinbringlich geworden sein könnte. Im Streitfall wurden ernstliche Zweifel somit auch für die erstmalige Umsatzsteuerfestsetzung bejaht.

Da aufgrund dieser neuen BFH-Rechtsprechung ein neues BMF-Schreiben zur Handhabung der Bauträgerfälle vorbereitet wird, hat das Finanzministerium Schleswig-Holstein in einem Gespräch am 21.03.16 gegenüber dem Verband bestätigt, dass sich an der Behandlung der Bauträgerfälle bis auf weiteres nichts an der bisher kommunizierten Vorgehensweise ändert.

Zusätzlich wurden die Finanzämter in Schleswig-Holstein aktuell angewiesen, grundsätzlich in allen Fällen, in denen ein leistender Unternehmer die Festsetzung von Umsatzsteuer auf vor dem 15. Februar 2014 erbrachte Bauleistungen angefochten hat, bei denen beide beteiligte Unternehmer auf der Grundlage der maßgeblichen Verwaltungsanweisungen von einem Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger ausgegangen waren, auf Antrag Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

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